Astoria

„Wenn man derzeit abends den Fernseher einschaltet und all die Reportagen über Menschen sieht, die ihr altes Leben aufgeben und auswandern, wundert man sich anderntags, überhaupt noch Menschen auf der Straße zu sehen. Müssten die nicht längst alle weg sein?“

 

Der Wunsch, die Heimat zu verlassen, um irgendwo in der Welt ein neues Leben zu beginnen, ist sicherlich kein Trend unserer Zeit. Doch was Peer Schader auf FAZ.net beschreibt, spiegelt in überspitzter Form das, was momentan gehäuft in den Medien zu beobachten ist: Menschen unterschiedlichster Hintergründe lassen ihr jetziges Leben zurück und begeben sich auf eine Reise in eine ungewisse Zukunft. Dabei spielen individuelle Träume und Hoffnungen eine große Rolle.

 

Genau an diesem Punkt setzt das Projekt des Theaterensembles der Herrenhäuser Kirche an. Jura Soyfers „Astoria“ zeigt die verschiedensten Menschen in ihren verschiedensten Lebenssituationen und ihre Hoffnungen, im Staat Astoria ein neues, ein besseres Leben beginnen zu können. Keine Armut soll es dort geben, keine Kälte, keine Ängste. Alles, was ein jeder sich nur erträumen kann, ist dort zu finden.

 

Doch ein Problem gibt es da noch: Astoria ist eine Lüge. Astoria gibt es nicht. Am Anfang der Geschichte steht eine Gräfin, die ihrem Mann zum Geburtstag einen Staat schenken möchte und sich die Landstreicherin Hupka als ersten Untertan engagiert. Der Plan steht kurz vor seiner Erfüllung, als ein Börsenkrach der Gräfin ihr gesamtes Vermögen raubt. Doch die Begeisterung von Astoria hat die Beteiligten bereits ergriffen, der Staat wird gegründet. Ohne Geld, ohne Land, kurz, ohne alles, was ein Staat bräuchte, um zu existieren.

 

Der Gedanke ergreift nun alle Schichten der Gesellschaft. Die Koffer werden gepackt, die Schlange vor dem Passamt wird immer länger und die Idee gerät schließlich zum Selbstläufer. Die Visionen des neuen Staates nehmen immer abstrusere Formen an. Der Druck der Menschen auf die Verantwortlichen wird immer größer. Wo ist Astoria? Wo liegt dieses wunderschöne Land? Wie und vor allem wann geht die Reise los? Die Geschichte steuert nun unweigerlich ihrem dramatischen Höhepunkt entgegen.

 

„Astoria“ ist eine Komödie voll skurrilem Witz und liebenswert verschrobenen Figuren, die aber zwischendurch immer wieder zum Nachdenken anregt.

 

Regie: Jörg Timmermann

 

 

Astoria
Astoria